Anne & Charlotte: Trainer und Schüler
Die Liebe zur Dressur reicht weit – gewiss im Fall von Anne van Olst und Charlotte Fry. So weit, dass das Zurücklassen von Heim und Herd nicht wie Aufgabe wirkt. Beide Damen zogen in die Niederlande und haben einen unglaublichen Drang, sich die letzten Finessen des Dressursports anzueignen. Nach fünf Olympiateilnahmen bereitet es Anne viel Freude, ihre Erfahrungen an andere weiterzugeben. Das tat sie auch schon bei Edward Gal, Hans Peter Minderhoud und Severo Jurado Lopez, die sie alle jahrelang unterrichtete. Seit 2014 begleitet sie die erfolgreiche Dressurkarriere von Charlotte. 2018 wurde sie Weltmeister mit Glamourdale und Europameisterin mit Dark Legend. Lesen Sie mehr über das besondere Band zwischen dieser Schülerin und ihrer Mentorin.
Wie kreuzten sich die Lebenswege von Charlotte und Anne? Da müssen wir die Geschichte etwas zurückdrehen. Charlotte wurde 1996 im englischen Kent geboren. Sie ist die Tochter der verstorbenen Olympiareiterin Laura Fry. Pferde waren immer schon ein Teil ihres Lebens. Die Tatsache, dass sie mit drei Jahren schon gelegentlich auf einem Pony saß, sagt schon genug.
Charlotte erzähle über ihre Erfahrungen in der Jugend: „Ab meinem 14. Lebensjahr erhielt ich jeden Monat Unterricht vom Olympiareiter Carl Hester. Als ich 16 war ging ich jeden Monat eine Woche arbeiten, als Gegenleistung für den Unterricht. Das war eine schöne Zeit.“ Carl erzählte Charlotte von Anne. „Er dachte, es sei eine gute Idee, wenn ich in die Niederlande ginge, um bei Anne zu trainieren.“
Anne hakt ein: „Carl und ich sind seit 1990 befreundet. Als er damals mit der Idee kam, Charlotte mit mir zusammenzubringen, war ich gleich von dem Vorschlag angetan. Ich weiß noch genau, wie sie zum ersten Mal vor mir stand. Sehr verlegen. Ich stand im Türrahmen, als ich frug, was sie alles zu Hause tat. Fegen, war die Antwort. Sehr viel fegen. Haha!“
Aber bei Van Olst ging es ums Reiten. Charlotte brachte ihr eigenes Pferd Z Flamenco (v. Flemmingh) mit. Die Kombination bekam jeden Tag Unterricht von Anne. Anne erzählt: „Es kostet Zeit herauszufinden, ob jemand Talent hat. Nett auf einem Pferd zu sitzen oder Talent zu haben – das ist ein großer Unterschied. Aber Talent hat sie gewiss. Außerdem ist sie eine ganz harte Arbeiterin und sie hat viel Durchsetzungsvermögen. Es ist fast schon bizarr, wie ich mich in ihr erkenne, vor allem auch in der Art und Weise, wie Charlotte an ihren Sport herangeht.“
Charlotte betrachtet Anne als ihre Mentorin. Ohne sie hätte sie gewiss nicht so eine Karriere hingelegt. Sie achtet auf alles. Natürlich mit einer gewissen Strenge. „Sie passt beim Turnier auf, ob mein Haar gut sitzt und meine Stiefel ordentlich blinken“, lächelt Charlotte. „Dank ihrer Erfahrung kann sie mir auch gut helfen in mentaler Hinsicht, die schon beim Grüßen eine Rolle spielt. Das ist sehr schön.“ Sie meint weiter: „Was ich auch wertschätze ist die Präzision von Anne, wenn es um die Basis der Ausbildung geht. Beispielsweise Halten und die Ecken gut ausreiten sind Details, auf die sie immer achtet.“